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Die Ruhrschifffahrt und deren Bedeutung für unsere Heimat (1780-1890)
In seinem Vortrag ging der Referent Christian Schlich auf die Geschichte der Ruhrschifffahrt ein, die bereits im 9. und 11. Jahrhundert erstmals Erwähnung fand. Verschiedene Privilegien der Deutschen Könige und Kaiser an die Abtei Werden sanktionierten damals die Schifffahrt auf der Ruhr zwischen Werden und dem Rhein, die später auch auf die Ruhr oberhalb von Werden erweitert wurden. Doch die damals zahlreichen Kleinterritorien an der Ruhr mit ihren Einzelinteressen machten eine durchgängige Nutzung des Flusses schwierig bis gar unmöglich. Erst der aufstrebende Steinkohlebergbau mit seinen zahlreichen Stollenbetrieben an der Ruhr im 18. Jahrhundert warf die Frage nach einem geeigneten Transportmittel und -weg auf. So trieb die Preußische Regierung den Ausbau der Ruhr mittels 16 Schleusen voran, die 1780 von Ruhrort bis Langschede in Betrieb gingen und so den durchgängigen Kohletransport ermöglichten. Rund 80 Schiffe fuhren so täglich Richtung Rhein. Gleichsam legten die Ruhrzechen 85 sogenannte Kohlenniederlagen bzw. -magazine längst der Ruhr an, an denen die Schiffe (Ruhraaken) beladen wurden. Die Kohlen brachte man von den Zechen über durch Schiebewege, die teilweise sogar mit Schienen versehen waren, zu den Magazinen. In seinem Vortrag ging Schlich auch speziell auf die Hoster Schleuse und den Holteyer Hafen als Sicherungshafen ein.
Bereits 1801 wurde der Schiffsverkehrs oberhalb von Witten eingestellt. Die Ruhraaken waren Plattbodenschiffe mit einer Länge von ca. 34 - 35 m, einer Breite von 5 m und einer Tragfähigkeit von bis zu 175 t. Flussabwärts nutzte man die natürliche Fließgeschwindigkeit der Ruhr und ggf. den Wind mittels Segeln. Flussaufwärts wurden die Boote mit einem Pferdegespann über lange Leinen gezogen (getreidelt), wobei die Tiere und der Pferdeknecht über einen speziell angelegten Treidel- bzw. Leinenpfad gingen, die zum Teil noch heute erhalten sind.
Den Höhepunkt erreichte die Ruhrschifffahrt mit einer Transportmenge von 867.734 t Steinkohle im Jahre 1860. Doch kurz darauf entstanden die ersten Eisenbahnen in unserer Ruhrregion, sodass der Schiffstransport schnell einbrach. Speziell der Bau Ruhrtal-Bahn (1872-1876) führte zu einem schweren Bedeutungsverlust, sodass 1876 nur noch knapp 100.000 t Kohle verschifft wurden. Auch ein 1886 gegründeter „Verein zur Kanalisierung der Ruhr“ in Witten als Gegenreaktion konnte den Niedergang der Ruhrschifffahrt nicht mehr abwenden. So passierte 1889 das letzte Kohlenschiff die Schleuse in Mülheim Richtung Rhein. Noch heute erinnern zahlreiche Bauten längs der Ruhr an diese industriegeschichtliche Periode.
(Fotos: C.Schlich, H.Vollmer)