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Steine aus dem Eiberg – Zur Geschichte der Firma Dr. C. Otto & Comp. in Dahlhausen
Für den erkrankten Referenten Walter Gantenberg übernahm kurzfristig Christian Schlich den Vortrag. Er ging dabei zunächst auf die Vita von Dr. Carlos Otto ein, der 1838 in Mexiko geboren wurde und nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine schnelle Schulausbildung und ein Chemiestudium in Gießen absolvierte. Bereits mit 20 promovierte er im Fach Chemie und erweiterte seine Kenntnisse an der Bergakademie in Freiberg (Sachsen). Auch bei seiner ersten Anstellung bei der Firma H.J. Vygen & Co. in Duisburg machte er schnell Karriere und stiegt zum Prokuristen auf. Mit 28 heiratete er Lina Hiby in Hattingen, bevor er am 20.07.1872 mit seinem Schwager, Schwiegervater, einem Studienfreund und einem Unternehmer aus Witten die Firma Dr. C. Otto & Comp. gründete. Zweck der Firma war die Herstellung und Verwertung von feuerfesten Produkten aller Art, die Fabrikation und Verwertung von Koks sowie Gewinnung und Verwertung sämtlicher Rohmaterialien und Zwischenprodukte dieser Fabrikation.
Als Ausgangsmaterial für die feuerfesten Produkte – auch Schamott-Steine genannt – dienten die Ruhrkohlensandsteine aus dem Eiberg mit hohem Quarzitanteil. Um diese dort abzubauen, kaufte er dem Landwirt Bernhard Buschmann gnt. Hinderfeld die benötigten Ländereien ab. Andere Ausgangsstoffe wie Ton wurden per Bahn antransportiert. Bereits 1873 konnte er die ersten Produkte ausliefern.
1876 erfolgte der Einstieg in die Koksherstellung durch den Bau der ersten Otto-Koksofenanlage auf Zeche Helene-Amalie mit horizontalen Otto-Coppée-Flammöfen, von denen über 8.000 Stück bis 1900 gebaut wurden. Mehr und mehr wuchs die Koksherstellung und die Gewinnung von Koksnebenprodukten zu einem zentralen Geschäftsbereich heran. Meist wurden die Anlagen als Generalbauunternehmen gebaut und schlüsselfertig übergeben. Schon früh richtete Dr. Otto eine Betriebskrankenkasse ein und schuf firmeneigene Wohngebäude für Arbeiter. 1882 waren dort 370 Mitarbeiter beschäftig. Die Produktion von feuerfesten Steinen betrug 54.102t. Schließlich wurden durch die Nebenproduktenanlagen Teer, Teeröle und Benzol gewonnen.
1893 schied Dr. Carlos Otto wegen Krankheit aus der Geschäftsführung aus und zog nach Ahrweiler, wo er am 13.11.1897 starb. Sein Nachfolger Gustav Hilgenstock ließ 1903 auf dem Eiberg einen Bismarckturm bauen, auf dem zu Ehren Bismarcks eine Fackel entzündet wurde, die mit Benzol betrieben wurde.
Nach dem Tode Otto´s wird die Firma in eine GmbH umgewandelt, die 17 Nebenproduktennutzungsanlagen mit 111 Öfen betreibt und mit 46 Brennöfen jährlich 91.372t Schamottsteine produziert. Belegschaft umfasst 1.310 Mitarbeiter.
1926 wird die Hauptverwaltung und des Firmensitzes in die Christstraße 9 in Bochum verlegt. 1937 beginnt man mit dem Bau von Chemieanlagen. Am 04.11.1944 wird die Hauptverwaltung in Bochum total zerstört und das Werk in Dahlhausen schwer beschädigt. Nach dem Wiederaufbau fasste die Firma wieder schnell Fuß und wuchs zu einem bedeutenden Unternehmen heran. 70% aller Koksöfen wurden von Dr. C. Otto in Deutschland gefertigt. 1972 konnte das 100 jährige Jubiläum begangen werden. Erst mit dem Niedergang des Bergbaus verlagerte sich das Geschäftsfeld zu mehr Chemieanlagen. Nach einigen Zukäufen, der Übernahme durch die Thyssen AG sowie einigen Umfirmierungen nach der ThyssenKrupp-Fusion besteht das Werk Dahlhausen als Sparte „Refractories (Feuerfestherstellung)“ immer noch als Teil der Preiss-Daimler-Group (P-D-Group) mit ca. 1.100 Arbeitnehmern weltweit und ca. 330 Mio. Euro Gesamtleistung.
Während des Vortrag konnten einige Teilnehmer den Vortrag mit ihren eigenen Erlebnissen oder Geschichten ihrer Väter, die dort arbeiteten, noch ergänzen.
Bereits 2013 führte der Heimatgeschichtskreis Eiberg eine Werksbesichtigung durch.
(Fotos: 1 Repro Luftaufnahme um 1929 (Quelle: Hrsg. Franz Nawa: Das Archiv – Linden-Dahlhausen, 1929, S. 58); 2 Sammlung Friedrich Hess)